Berichte von 10/2015

Wie es ist ein Star zu sein...

09Okt2015

Egal wo ich hingehe, ich werde immer angeguckt und freundlich angelächelt. Alle wissen das ich nicht von hier bin, weil man es einfach sofort sieht. Andere Jugendliche wollen mein Haar anfassen und sagen, dass ich sehr schöne Augen habe. Manchmal winken mir auch einfach Leute zu und ich weiß dann nicht ob sie es einfach nur so machen oder ob sie mich kennen :D Mich kennen hier einfach so viele Leute aber ich kenne sie nicht. Vielleicht habe ich auch schon mal mit ihnen gesprochen aber kann mich nicht erinnern. 

Heute zum Beispiel waren Be und ich in der Stadt shoppen. Als wir durch die Straßen gegangen sind haben plötzlich drei Jungs ,,Hola Sarah! Como estas?" (,,Hallo Sarah! Wie geht's?) hinter mir hergerufen. Ich war sehr verwirrt und habe nur ein ,,Hola!" herausgebracht und wir sind weitergelaufen. Ich kannte die Jungs aber nicht :D Ich kenne hier auch kaum Jungs weil ich eben auf einer Mädchenschule bin, aber die kannten mich wohl...

Wir haben also viel Spaß hier und das Wochenende fängt heute erst an :)

Hasta luego eure Sarah :)

Wenn es langsam normal wird aber trotzdem noch alles anders ist...

08Okt2015

Ich wollte mich einfach mal melden und sagen: Es geht mir gut!! :D Ich muss einfach Zeit und Motivation finden um einen Blogeintrag zu schreiben und das war im letzten Monat nicht der Fall... Aber mir geht es super hier und wenn ich mich nicht melde ist das nur ein Zeichen das es mir gut geht und ich zu beschäftigt bin :)

Jeden Montag und Mittwoch habe ich 2 Stunden Spanisch Kurs mit Be, der anderen Austauschschülerin hier. Wir sind mittlerweile gute Freundinnen geworden und haben viel Spaß zusammen. Ich gehe sehr gerne zum Spanisch Kurs, denn ich lerne etwas und die Lehrer sind total nett und gestalten den Unterricht wirklich interessant. 

Jeden Samstag gehen wir zusammen zu Interact. Das ist Rotary für 14 bis 18 Jährige, mit dem Ziel einfach Menschen etwas gutes zu tun. Letzten Samstag haben wir einen langjährigen Rotarier Zuhause besucht. Paul von Mengershausen heißt er und ist 90 Jahre alt. Sein Vater kommt aus Deutschland, deshalb auch der deutsche Name. Er selber ist aber in Argentinien geboren und kann nur spanisch. Trotzdem war es unglaublich interessant und er hat uns sehr alte Bilder von seiner Familie gezeigt, auch noch aus der Zeit in Deutschland. Glücklicherweise sind sie vor dem 1. Weltkrieg nach Argentinien gegangen. 

Am Dienstag war ich mit zwei Klassenkameradinnen im Fitnessstudio. Ich werde jetzt wohl regelmäßig mitgehen und etwas für meine Figur tun, denn hier wird es ja jetzt Sommer :D 

Meine Woche ist also schon sehr verplant und am Wochenende habe ich auch immer etwas vor. Ich genieße das Leben hier total und es kann eigentlich nur noch besser werden, wenn ich die Sprache richtig kann. In 13 Tagen startet die Patagonien Tour und ich stelle für euch jetzt auch schon mal den Countdown. Ich wünsche euch in Deutschland schöne Herbstferien, genießt sie!!

Eure Sarah :)

Campamento del Estudiante 2015

04Okt2015

Am Freitag Morgen fuhr mein Gastvater Camila und mich zum Treffpunkt. Vollbepackt mit Taschen, Schlafsack, Matratze, Besteck, Becher und Teller (wir mussten alles selber mitbringen). Dort habe ich schon viele Klassenkameradinnen getroffen. Das Camp war freiwillig, aber aus meiner Klasse sind ungefähr 12 Mädchen mitgefahren. Beim anmelden hat jeder ein farbiges Tuch bekommen, diese haben die verschiedenen Teams dargestellt. Es gab ,,naranja'' (orange), ,,rojo'' (rot), ,,azul'' (blau) und ,,verde'' (grün). Ich war im Team ,,verde'' und zum Glück auch zwei Mädchen aus meiner Klasse.

Um 8 Uhr haben wir uns dort getroffen, um 9 Uhr sollten wir abfahren, letzendlich ging es dann um 10 Uhr los. Nach 3 Stunden Fahrt durch die Pampa kamen wir an. Es war ein Gelände das dem Militär gehört und am Eingangstor stand dann auch ein bewaffneter Soldat, der uns die Schranke geöffnet hat. Wir sind mit einem großen Bus gefahren und schon auf der Fahrt wurde viel gesungen, sodass die 3 Stunden sehr schnell um waren.

Als erstes haben wir unsere ,,Zimmer'' bezogen. Auf diesem Gelände waren mehrere große Gebäude (aber alle ebenerdig) und in der Mitte eine Große Wiese. Ein Haus gehörte den Mädchen, ein anderes den Jungs. Wir waren 400 Schüler und Schülerinnen und noch ca. 100 Helfer und Leute von der Kirche. Also waren wir ungefähr 200 Mädchen, die alle in einer riesigen Halle geschlafen haben. Die ,,Zimmer'' wurden durch Mauern eingeteilt, die ungefähr 2 m hoch waren. In jeder Kabine waren drei Hochbetten, die allerdings nur ein klappriges Stahlgerüst waren. Ich habe mir zum Glück ein Bett unten geschnappt. Sehr viele Mädchen mussten auch einfach mitten im Gang auf dem Boden schlafen. Für diese 200 Mädchen gab es nur drei (!!!) Toiletten. Langes warten war also vorprogrammiert.

Als wir unsere Sachen abgestellt hatten, haben sich alle auf dem großen Platz getroffen. Nach einem kleinen Snack haben wir uns in den verschiedenen Teams zusammengefunden. Jedes Team hat Sprechchöre angestimmt und ist rumgehüpft. Es waren zwar auch Jungs in unserem Team, trotzdem hat man sich automatisch getrennt und die Jungs und Mädchen sind jeweils in ihren ,,Geschlechtergruppen'' gesprungen. 

Im Camp waren sehr viele ,,hermanas'' (= Nonnen) und ,,padres'' (= Väter, also Mönche), die für alles zuständig waren. Außerdem gab es noch ca. 100 Helfer und Helferinnen die sich um Essen, trinken und andere Sachen gekümmert haben. Sie haben gelbe Tücher getragen, sodass man sie immer gut erkennen konnte. Die Mönche und Nonnen haben natürlich auch Messen geleitet und wir haben Kirchenlieder gesungen, aber ich kam mir teilweise echt vor wie bei Sister Act, denn sie konnten unglaublich schnell wechseln zwischen beten und Party machen!

Wir hatten einen sehr großen Raum, wo so gut wie alles stattgefunden hat. Dort haben wir gegessen (es gab keine Stühle, sondern jeder hat sich einfach auf die Fliesen gesetzt), gefeiert und gebetet. Jeden Tag hatten wir eine 1 1/2 stündige Messe, aber VOR dem Frühstück! Ich habe natürlich kein Wort verstanden und deshalb war es ziemlich langweilig, außerdem hatte ich unglaublichen Hunger. 

Auch für die Messen wurde sich einfach auf die Fliesen gesetzt, aber alle Jungs auf der linken und alle Mädchen auf der rechten Seite, mit einem Gang in der Mitte. Es wurde dauernd gebetet: vor dem Essen, nach dem Essen, vor dem wandern, auf dem Berg, einfach immer. Wenn alle geredet haben, ist das sehr laut bei 500 Personen, aber wenn der Priester das Mikro genommen hat und nur das erste Wort gesagt hat, wurde es sofort komplett still. 

Abends gab es immer tolles Programm. Die Mönche haben kleine Sketche aufgeführt, die echt sehr lustig waren. Es wurden auch viele Lieder gesungen, z.B. die ,,Himno del Estudiante'' (= Hymne der Schüler). Dabei waren dann fünf Mönche auf der Bühne und haben gesungen und Gitarre gespielt. Die Schüler standen alle vor der Bühne und haben laut mitgesungen, beim Refrain ging es dann richtig ab. Alle sind zusammen rumgesprungen und es hat einfach total Spaß gemacht! 

Ca. 10 Mönche sind aus Italien angereist. Sie sind einen Monat in Argentinien und waren die 4 Tage bei uns im Camp. Sie kommen aber alle aus verschiedenen Ländern und studieren nur in Italien. England, Italien, Russland, Ukraine, Nigeria und... Deutschland! Es waren auch zwei Männer aus Deutschland dabei. Bevor ich das alles wusste, wurde mir einer von ihnen vorgestellt und ich wusste nur, dass er deutsch sprechen kann. Ich habe ihn als erstes gefragt wie lange er schon deutsch lernt und er antwortete mir, dass er Deutscher ist XD  Naja, er war auf jeden Fall total nett und wir haben uns beim Abendessen viel unterhalten. Ich war total glücklich richtig deutsch sprechen zu können! 

Er hieß Andreas und der andere Tobias (schon wieder typisch deutsche Namen). Mit Tobias habe ich nur sehr wenig gesprochen, weil er mir irgendwie unsympathisch war. Er hat mich nämlich die ganze Zeit über gesiezt und ich finde, wenn sich zwei Deutsche im letzten Winkel von Argentinien treffen, kann man sich ruhig duzen. Tobias hat zum Glück so gedacht und wir haben über die Macken der Argentinier gesprochen und ich habe ihm von meinem Auslandsjahr erzählt. Er war sehr beeindruckt, dass ich ein Jahr hier bleibe und mit so wenig Sprachkenntnissen gekommen bin. 

Wie gesagt, bleibt die Gruppe einen Monat in Argentinien und reist ein bisschen rum, zu verschiedenen kirchlichen Einrichtungen und dann wieder zurück nach Italien. Auch sie haben Lieder auf der Bühne gesungen, der Russe hat zum Beispiel einen Volkstanz getanzt und alle haben mitgeklatscht. Den größten Aufritt hatte aber mit Abstand der Mönch aus Nigeria. Er war der einzige dunkelhäutige im ganzen Camp und bis jetzt auch der einzige den ich in Argentinien gesehen habe. Jedenfalls haben wir mit ihm ,,Waka Waka'' gesungen, es wurde eine Pollonese gemacht und er wurde von allen total gefeiert. 

Am Samstag wurden Handball-, Volleyball- und Fußballspiele veranstaltet, aber ich habe mich hingelegt und geschlafen, denn mir ging es wirklich nicht gut. Ich war nämlich quasi der Superstar des Camps und alle wollten mit mir sprechen. Dauernd kamen Gruppen von Mädchen an und haben mir auf englisch, spanisch oder einem Mix aus beidem, Fragen gestellt. Es waren alle total nett und ich habe es auch gerne gemacht, aber es stellen einfach alle die gleichen Fragen und irgendwann wurde es einfach zu viel. Egal wo ich hingegangen bin, immer hat mir jemand ,,Hola Sarah!'' zugerufen, ohne das ich die Person kannte...

Am Sonntag ging es dann in die Berge. Am Tag davor musste man sich für einen Berg eintragen (es gab glaub ich sechs verschiedene Touren). Zwei reine Mädchengruppen, zwei reine Jungengruppen und zwei gemischte Gruppen. Zwei Freundinnen und ich haben uns für ,,buena madre'', einer gemischten Gruppe eingetragen. 

In einem Bus, der in Deutschland definitiv durch den TÜV fallen würde, sind wir ca. eine Stunde zum Fuß des Berges gefahren. Wir hatten uns schon auf unsere Sitze gesetzt, als eine Nonne meinte, dass wir auf die rechte Seite wechseln müssen, denn links sitzen nur die Jungs. Ich weiß nicht, ob das allgemein hier so ist, aber es wurden immer Jungs und Mädchen getrennt. Das hat mich zwischendurch sehr aufgeregt und ich verstehe den Grund einfach nicht!

Bevor es dann richtig losging mit dem wandern, wurde natürlich erst noch ein Gebet gesprochen. Ausgestattet mit einem Lunchpaket ging ich dann voller Motivation los. Doch die war schnell verflogen! Es war super anstrengend und die Frühlingssonne schien bereits sehr stark. Wir sind einfach querfeldein den Berg hoch und teilweise war es echt schwierig weiterzukommen. Am Ende hat es sich aber echt gelohnt, denn die Aussicht war atemberaubend. Kilometerweit nichts als Berge und Pampa! 

Dieses Camp war echt eine tolle Erfahrung und ich konnte meinen ersten Monat in Argentinien hier feiern. Auch wenn es Spaß gemacht hat, bin ich jetzt sehr froh wieder in meiner Gastfamilie zu sein. Mit einem vernünftigen Bett und meinem eigenen Zimmer. Außerdem darf ich jetzt endlich wieder duschen wann ich will... Im Camp gab es nämlich nur bestimmte Duschzeiten. Das heißt, Abends haben sich die Nonnen an die Duschen gestellt und alles organisiert. 200 Mädchen wollten duschen gehen und es gab vielleicht 10 Duschen. Also 10 Mädchen rein, 2 min Zeit zum duschen, dann wurde gepfiffen und ohne Ausnahme musste man dann wieder aus der Dusche raus. Egal ob man fertig war oder nicht. Dann waren eben die nächsten dran...

Ihr seht schon, ich bin jetzt abgehärtet.

Bis bald, eure Sarah

Während der MesseMein Team ,,verde Gruppenfoto vor der Abfahrt Abends während gesungen wurde